Seit es die Fotografie gibt, haben Maler sie aber auch als Vorlage für ihre Bilder genutzt. Ist es nicht ein raffinierter Schachzug, wiederum die Fotografie für die Dienste der Malerei einzuspannen?
Verlag Fröhlich&Kaufmann,
von Elizabeth Easton, Clément Chéroux, Michel Frizot u. a., Katalogbuch Washington 2012
Das Zeichnen und Skizzieren der Dinge vor dem Objekt, vor der Natur, bleibt dennoch Bedingung zur Entwicklung des eigenen Vorstellungsvermögens und des räumlichen Denkens.
Das Betrachten von Dingen und Orten auf einem Foto löst jedoch andere Empfindungen aus. Mir scheint, ein Foto ruft auf seine Weise etwas Rätselhaftes hervor, etwas, dass ich durch die Distanz, die ich aufgrund des technischen Prozesses und der dazwischen liegenden Zeit, hineinlesen kann.
Und das ist letztlich der Prozess, der beim Malen mit einer Fotoreferenz in Gang kommt. Nicht die genaue Wiedergabe aller Details und Lichtverhältnisse steht dabei im Vordergrund, sondern die Umsetzung dessen, was ich beim Betrachten der Fotografie an eigenen Vorstellungen wiedergeben möchte. Heißt bilden nicht zwangsläufig immer auch interpretieren?
Ein weiterer für mich bedeutsamer Aspekt, den die gegenständliche, bzw. figurative Malerei betrifft, liegt darin, dass das Foto mir mehr Freiheit gibt, mich auf die Malerei selbst zu konzentrieren, auf die Farben und den Pinselstrich.
In letzter Zeit sprechen mich insbesondere Fotos an, die andere gesehen und festgehalten haben. Gerade die mir unbekannten Räume und Orte sind es, die es mir erlauben, mich dem Motiv unbefangen zu nähern und mich umso mehr auf die Malerei selbst, auf die Farben und den Farbauftrag zu konzentrieren. Ich wähle Fotos aus, die mich in irgendeiner Form ansprechen und so glaube ich, müssen sie auf die eine oder andere Weise etwas mit meinem eigenen Erleben von Welt zu tun haben.
Gemalte Bilder beziehen sich immer auf den Menschen, auch, wenn der Mensch selbst darin nicht sichtbar ist, auch, wenn das Bild abstrakt, konkret, minimalistisch oder sonst irgendwie gestaltet ist, geht es doch immer um eine menschliche Ordnung und Erfahrung. Und darin liegt die Identität der Malerei, ganz ohne Zweifel.