Mittwoch, 18. Oktober 2017

Fotorefenzen

Seit es die Fotografie gibt, scheint die Malerei um ihre Identität zu ringen. Die Frage, was soll, was kann Malerei noch leisten, nachdem das Abbilden von Wirklichkeit nur einen Klick entfernt ist, steht nach wie vor im Raum. Soll Malerei die Realität abbilden, soll sie über die Realität hinausgehen, soll sie das Material, das Medium, sich selbst reflektieren?

Seit es die Fotografie gibt, haben Maler sie aber auch als Vorlage für ihre Bilder genutzt. Ist es nicht ein raffinierter Schachzug, wiederum die Fotografie für die Dienste der Malerei einzuspannen?


Verlag Fröhlich&Kaufmann, 
von Elizabeth Easton, Clément Chéroux, Michel Frizot u. a., Katalogbuch Washington 2012

Das Zeichnen und Skizzieren der Dinge vor dem Objekt, vor der Natur, bleibt dennoch Bedingung zur Entwicklung des eigenen Vorstellungsvermögens und des räumlichen Denkens.

Das Betrachten von Dingen und Orten auf einem Foto löst jedoch andere Empfindungen aus. Mir scheint, ein Foto ruft auf seine Weise etwas Rätselhaftes hervor, etwas, dass ich durch die Distanz, die ich aufgrund des technischen Prozesses und der dazwischen liegenden Zeit, hineinlesen kann.

Und das ist letztlich der Prozess, der beim Malen mit einer Fotoreferenz in Gang kommt. Nicht die genaue Wiedergabe aller Details und Lichtverhältnisse steht dabei im Vordergrund, sondern die Umsetzung dessen, was ich beim Betrachten der Fotografie an eigenen Vorstellungen wiedergeben möchte. Heißt bilden nicht zwangsläufig immer auch interpretieren?

Ein weiterer für mich bedeutsamer Aspekt, den die gegenständliche, bzw. figurative Malerei betrifft, liegt darin, dass das Foto mir mehr Freiheit gibt, mich auf die Malerei selbst zu konzentrieren, auf die Farben und den Pinselstrich.



In letzter Zeit sprechen mich insbesondere Fotos an, die andere gesehen und festgehalten haben. Gerade die mir unbekannten Räume und Orte sind es, die es mir erlauben, mich dem Motiv unbefangen zu nähern und mich umso mehr auf die Malerei selbst, auf die Farben und den Farbauftrag zu konzentrieren. Ich wähle Fotos aus, die mich in irgendeiner Form ansprechen und so glaube ich, müssen sie auf die eine oder andere Weise etwas mit meinem eigenen Erleben von Welt zu tun haben.

Gemalte Bilder beziehen sich immer auf den Menschen, auch, wenn der Mensch selbst darin nicht sichtbar ist, auch, wenn das Bild abstrakt, konkret, minimalistisch oder sonst irgendwie gestaltet ist, geht es doch immer um eine menschliche Ordnung und Erfahrung. Und darin liegt die Identität der Malerei, ganz ohne Zweifel.

Dienstag, 10. Oktober 2017

Auf der Suche

Es ist eine Weile her, seit ich den letzten Post veröffentlicht habe, aber manchmal braucht es etwas mehr Zeit, um einen Gedanken eine Veröffentlichung wert zu finden.

Vielleicht spielt die Tatsache eine Rolle, dass mich zwar weiterhin die Themen beschäftigen, die mir in den letzten Jahren wichtig waren - Gebäude, Straßen, Fassaden etc. - dass ich aber auch auf der Suche nach ergänzenden Motiven bin.

Die Mauer eines Hauses ist wie die Linie einer Zeichnung, deren Strich gleichzeitig ein Innen und ein Außen bildet. Daraus ergibt sich eine spannende Wechselwirkung. Was zeigen, was verbergen die Fassaden, welche Geschichte erzählen die Innenräume.

Das Thema des Interieurs ist in meinem Repertoire nicht neu. Anfang der 80 er Jahre habe ich, mit lockerem Pinselstrich, einige Räume von Schlössern und Residenzen gemalt. Es bietet sich an, das Thema wieder aufzugreifen und der Reihe von Häuser- und Fassadenbildern gemalte Innenräume gegenüber zu stellen.

Ich habe in den Alben einiger meiner Flickr-Freunde Fotos entdeckt, die in leerstehenden, bzw. verfallenen Häusern aufgenommen worden sind und die Einblicke in Räume gewähren, die sich selbst überlassen sind. Das natürliche Licht darin macht Farben sichtbar, die durch die Feuchtigkeit in den Mauern, den Wandel der Dinge über die Zeit, entstanden sein mögen.

Aus den Fugen geratene, ungeordnete Strukturen und Linien bilden ein Chaos der Verlassenheit. Was geschieht mit einem Raum, einem Haus, wenn sich kein menschliches Leben mehr darin befindet. Es scheint ein Eigenleben ohne Absicht und Zweck zu entwickeln.

Studien, Gouache und Acryl auf Papier, 50 x 70 cm