Mittwoch, 5. Juli 2017

Malerei ist anders als Kunst

Vor einigen Jahren sagte ich einmal zu einem Künstler, dass ich glaube, dass Malerei nichts mit Kunst zu tun hat. Klingt merkwürdig? Ist es aber im Grunde nicht, denn die Malerei hat die Fähigkeit, sich über ihr eigenes Medium selbst darzustellen. Vielleicht vergleichbar mit der Musik, bei der die Töne sich zu einem Ganzen formen und letztlich darüber eine Wirkung erzeugen, die mit nichts vergleichbar ist.

Später war ich erstaunt, dass David Hockney das, was ich mit meinem unbeholfenen Satz meinte, in einem Interview in eigenen Worten ähnlich ausdrückte. Er sagte: "Ich bin Maler. Ich mache Bilder, das ist etwas anderes als Kunst." Ich wusste sofort, was er damit meinte. Bilder transportieren nicht nur die Atmosphäre, oder die Gegenstände, die durch die Malerei sichtbar werden sondern sie präsentieren auch die Malerei selbst. Die Art wie der Pinsel geführt wird, wie die Farben miteinander korrespondieren, wie sich Licht und Schatten bilden, das lässt sich, unabhängig vom Inhalt des Bildes, auch rein sinnlich wahrnehmen und aufnehmen.

Für mich ist die Malerei eine besondere Sprache, deren Worte immer wieder neu formuliert und gesucht werden müssen. Man kann einen Gegenstand mit Bedeutung füllen und ihn z.B. in einer Installation präsentieren, wo er eine bestimmte Geschichte oder Funktion repräsentiert. Auch das ist selbstverständlich eine Art Sprache. Ich empfinde sie allerdings als beliebiger, austauschbarer, auch intellektueller, weil Ideen oder in gewisser Weise manchmal auch Logik im Vordergrund stehen.

Was mir bei solchen "Distanztechniken" fehlt ist die Spur, die die Hand hinterlässt. Die Spur zeigt doch immer einen Ausschnitt von Zeit und gelebtes Leben. Jeder Pinselstrich bedeutet eine sichtbare Entscheidung, die getroffen worden ist. Und aus vielen Entscheidungen, die sich im Malprozesses summieren, formuliert sich das Bild, dass die Wahrnehmung dessen wiedergibt, was der/die Maler*in transportieren möchte. Die Hand, manchmal auch der ganze Körper, ist ganz entscheidend hierfür, es ist das Werkzeug, das die größte Nähe herstellt. Das kann keine Kamera leisten, deren technischen Möglichkeiten u.a. von der Leistung des Apparates abhängig ist.

Es gibt natürlich großartige Fotografien, Videoinstallationen etc. Aber als Kunstform begreife ich die Malerei als ein Medium, dass den Menschen in den Vordergrund stellt auch, wenn das Bild ungegenständlich sein mag. Deshalb bin ich süchtig nach Stiften und Pinseln, sie sind die Schlüssel zu meinen Bildern, die mir meine Existenz beweisen.



4 Kommentare:

  1. Malerei ist nicht Kunst... ist ein wunderbarer Mini-Essay! Danke

    AntwortenLöschen
  2. Nach der dritten Lektüre:Es ist der Schlusssatz, der mich besonders berührt. Ich will meinen nächsten post zu analogen Bobachtungen bei der ( meiner) Skulptur schreiben.

    AntwortenLöschen
  3. Da bin ich schon gespannt und freue mich drauf. Und ich freue mich natürlich gerade über deine positive Resonanz!

    AntwortenLöschen