Manchmal, wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, z.B. auf einer Behörde, aber auch privat und ich antworte: "Künstlerin", habe ich den Eindruck, als sei diese Bezeichnung etwas Anrüchiges oder Unseriöses, fragwürdig und schwer einzuschätzen. Und, obwohl ich mich mein ganzes Leben lang als Künstlerin verstehe, weiß ich selbst nicht, wie ich diesen Begriff genauer definieren kann.
Da ist es doch etwas ganz Anderes, wenn man sagen kann: ich bin Arzt oder Apotheker, Taxifahrer, Klempner, Verkäuferin, Informatikerin, Ingenieurin, Krankenpfleger.
Und heute Abend, am Ende meines Unterrichts im Zeicheninstitut, erzählte mir eine Teilnehmerin, die schon mehrere Jahre künstlerisch arbeitet, dass sie gerne eine Galerie für ihre Arbeiten finden würde. Nicht zuletzt deshalb, weil ihre Mutter unzufrieden damit ist, dass ihre Tage lediglich damit gefüllt seien, ihre Kinder zu betreuen! Sie sei doch erst wirklich eine Künstlerin, wenn sie auch auf dem Markt erfolgreich ist!
Als sei Künstlerin zu sein eine würdevollere Aufgabe als Mutter zu sein. Wozu sollten die Dinge überhaupt miteinander verglichen werden? Nebenbei gesagt, Künstler sein und Vater sein, stand noch nie im Widerspruch auch, wenn der Künstler wenig Geld mit seiner Kunst verdient hat ...
Aber ab wann ist ein*e Künstler*in ein*e Künstler*in? Ab 10 000 $, 100 000 $ oder 200 000 $? Ab einer Million? Ist es nicht eine richtige "Henne oder Ei" - Frage? Wer glaubt, der Markt macht die Künstler*in, verdreht die Tatsachen, denn erst einmal braucht es Künstler*innen und deren Kunst, damit es überhaupt einen Markt geben kann!
Es mag vielleicht ein banales Beispiel sein, aber wo wäre der Kunstmarkt, wenn es keine Künstler*innen wie Van Gogh gegeben hätte? Weltweit gibt es so viele Menschen, die künstlerisch tätig sind, wie nie zuvor, Menschen, die wirklich für die Kunst brennen, die die Kunst brauchen, wie die Luft zum Atmen. Nicht alle können auf dem Weltmarkt erfolgreich sein, das kann der Markt gar nicht hergeben.
Aber ist deshalb, mit Beuys gesprochen, jeder ein*e Künstler*in? Ja, wenn der Kunstbegriff tatsächlich neu definiert wird und über die Bedingungen des Marktes hinaus geht. Aber, da wir in einer kapitalistischen Gesellschaft leben müssen, wird künstlerischer Erfolg wohl doch weiterhin in € und $ gemessen. Ich sehe das allerdings anders: Künstler*in zu sein ist eine Lebensform und existenziell. Das muss sich überhaupt nicht messen lassen.
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